Schmuckbild

air up testet die Grenzen im Getränkemarkt

Das Start-up air up aus München hat innerhalb kürzester Zeit einen Raketenstart am europäischen Getränkemarkt hingelegt – mit einer Flasche, die Wasser nur mit Duft in Getränke von Eiskaffee bis Holunderschorle verwandelt.

air up ist das weltweit erste Trinksystem, das Wasser nur durch die Beigabe von Duft aromatisieren kann. Drei Jahre lang haben Fabian Schlang, Jannis Koppitz, Lena Jüngst, Simon Nüesch und Tim Jäger die Idee entwickelt, bis die Flasche nach mehr als 200 verschiedenen Entwürfen und Weiterentwicklungen endlich bereit für den Markteintritt war. air up hat heute über 170 Mitarbeitende. Eine Zahl, die 2022 auf über 200 wachsen soll – auch, um den Sprung in die USA zu meistern. Wir sprachen mit Lena Jüngst, Erfinderin des Trinksystems, über ihren rasanten Erfolg am Markt und Herausforderungen beim Unternehmensaufbau.

Lena, ihr seid ziemlich schnell nach eurer Gründung am Markt gestartet. Wie lief das ab? 

Wir haben im Frühjahr 2019 gegründet, im Herbst kamen die ersten Trinksysteme in den Handel. Zum Verkaufsstart standen wir als damals 8-köpfiges Team noch persönlich in einem Münchener Outdoor-Store, um unsere Trinkflaschen samt Aroma-Pods potenziellen Kundinnen und Kunden zu präsentieren. 

Was waren die wichtigsten Meilensteine auf dem Weg dahin? 

Ein großer Meilenstein noch vor der Gründung war das Exist Gründerstipendium. Das hat uns, durch die Unterstützung mit finanziellen Mitteln, damals erlaubt am Konzept und der „Technologie“ für das Trinksystem zu arbeiten. Der nächste wichtige Meilenstein war dann die erste Finanzierungsrunde – wir hatten bewiesen, dass unsere Idee funktioniert. Die Investoren glaubten an uns und ermöglichten uns, in die Produktion zu gehen. 2019 starteten wir in Deutschland, es folgten kurz darauf weitere Länder in Europa.

„Wir werden in den kommenden Jahren den nächsten Schritt über den Teich in die USA wagen.“

Ein guter Start am Markt heißt ja nicht, dass man auch weiterhin erfolgreich bleibt. Wie ging es danach weiter? 

Wir mussten uns professionalisieren und haben uns daher einen weiteren Geschäftsführer mit an Bord geholt. Christian Hauth hat uns wesentlich dabei geholfen, das Unternehmen weiter aufzubauen und inhaltlich weiterzuentwickeln. Das kostet natürlich auch Geld.  Weitere Finanzierungsrunden haben uns dann einerseits das Mitarbeiterwachstum ermöglicht. Andererseits konnten wir mit dem Kapital von einem kurzfristigen in ein langfristiges Denken und damit auch Handeln übergehen: Anfang 2021 haben wir eine Finanzierungsrunde mit über 20 Millionen Euro abgeschlossen. Aus unternehmensstrategischer Sicht war dies ein wesentlicher Meilenstein, weil damit auch wirklich große Investoren mit entsprechender globaler Schlagkraft bei uns eingestiegen sind – darunter ein bekannter Softdrink-Konzern aus den USA. Kürzlich haben wir dann noch einmal Investitionen in Höhe von über 40 Millionen Euro eingenommen. Damit werden wir in den kommenden Jahren den nächsten Schritt über den Teich in die USA wagen.

Was sind dabei eure größten Herausforderungen? 

Der Schritt in den US-amerikanischen Markt ist in seiner Komplexität und auch in seiner Größe ein ganz besonderes Projekt für uns. Parallel dazu optimieren wir unser Produkt und unsere Lieferketten – ebenfalls alles Aufgaben, die viel Aufmerksamkeit erfordern und ein weiterer Grund für unsere steigenden Mitarbeiterzahlen sind. 

Ihr wart von Beginn an sehr erfolgreich, profitabel wart ihr mit eurem Geschäftsmodell innerhalb von 2 Jahren. Wie bewertest du euer Wachstum? 
Mit so guten Zahlen gleich zu Beginn hatten auch wir nicht gerechnet. Die 80.000 Starter Kits – also Trinkflasche mit Duftpods – aus der ersten Produktion waren innerhalb von sechs Wochen ausverkauft. Das hat uns zwar in die ungünstige Situation gebracht, dass wir out of stock waren, aber auf der anderen Seite war das natürlich eine sehr positive Überraschung. Ähnlich ging es dann weiter. Die starke und schnelle Expansion in Europa führte dazu, dass air up sehr zügig wachsen musste. Das zeigt sich auch in der Art und Weise, wie wir im Unternehmen zusammenarbeiten und daran, welche Themen wir angehen. Mit der Internationalisierung werden Dinge wie Marketing, Logistik oder Lieferketten komplexer, die Ansprüche steigen.

„Diversität führt zu einem ganzheitlichen Arbeiten, bei dem Themen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und damit besser durchdacht werden.“

Was ist der Treiber hinter eurem Wachstum? 

Unser Webshop. Anfangs hatten wir noch gedacht, dass wir ein Getränk oder eine Trinkflasche im Supermarkt verkaufen würden. Dann haben wir aber schnell gemerkt, dass das zu einem starken Kontrollverlust bei der Positionierung des eigenen Produkts in den Märkten, beim Preis und auch in Bezug auf die Informationen, die wir von Kundinnen und Kunden erhalten, führt.  Wir haben daher einen Strategiewechsel vorgenommen, der sich ausgezahlt hat. Denn der Online-Handel spielt bei uns inzwischen eine ganz besonders starke Rolle. Hier ist neben dem Webshop auch der jeweils größte Marketplace in einem Land besonders wichtig. Der Offline-Handel in Supermärkten kommt dann erst an dritter Stelle. Damit starten wir auch immer erst dann, wenn wir uns in einem Markt online etabliert haben.

Was macht für dich ein gutes Team aus? 

Wenn man von Beginn an als diverses Team startet – divers auch im Sinne von unterschiedlichen Erfahrungen und Kompetenzen, die sich ergänzen sollten. Diversität birgt sicher auch viele Reibungspunkte, grundsätzlich führt sie aber zu einem ganzheitlichen Arbeiten, bei dem Themen aus unterschiedlichen Perspektiven betrachtet und damit besser durchdacht werden.

Was rätst du anderen Gründerinnen und Gründern? 

Nur mit einer langfristigen Planung habt ihr die Kapazitäten, um euch über Strategien Gedanken zu machen. Kommt weg vom täglichen Überlebenskampf als Unternehmerin oder Unternehmer und stellt ab einem gewissen Punkt in eurer Entwicklung echte Experten ein, die euch vorantreiben. Gerade zu Beginn des Unternehmensaufbaus ist es dabei wichtig, dass man auch andere Startups kennenlernt, die sich in einer ähnlichen Situation befinden. Genau die können einem normalerweise am allerbesten helfen. Das umfasst Tipps zur Investorensuche bis hin zu der Herstellung des eigenen Produkts – vorausgesetzt natürlich, das andere Startup agiert in einer ähnlichen Produktkategorie. Auch der Austausch zu Unterstützerprogrammen und Stipendien ist wichtig. Hier bietet die bayerische Gründerszene wirklich viele Anlaufstellen und Möglichkeiten, um sich auszutauschen.